Erlebnispädagogik in der Jugendhilfe
In der Freizeitpädagogik laden wir Kinder ein, neue Erfahrungen zu machen und sich dabei besser kennen zu lernen, sich mit sich und ihrem Umfeld auseinander zu setzen. Die Dinge zu tun, von denen sie denken, sie nicht zu können. Da, wo wir unseren Grenzen begegnen, beginnt Freizeitpädagogik spannend zu werden. „Trau dich“, „Du schaffst das!“, „Ich halte Dich!“, „Versuch es nochmal!“ Alles Sätze, mit denen ich motiviere. Außerhalb unserer Komfortzone können wir viel über uns selbst lernen. Hier kommen Gefühle hoch, werden Scham und Stolz überwunden.
Erlebnispädagogen erzählen aus der Praxis
Ein Kind ist mit viel Elan und gesichert in den Baum geklettert. Es sitzt jetzt in der Krone, traut sich aber nicht runter. Ich erkläre ihm den genauen Ablauf, hole eine
zusätzliche Person zur Sicherung dazu und schließlich schafft das Kind den Abstieg. Die Gruppe empfängt es mit Applaus. Ich erkläre dem Jungen, dass er, wenn er eine Aufgabe in Schule oder Zuhause nicht macht, sich fragen soll, ob er genau weiß, was von ihm erwartet wird. Ich sage ihm, dass er eine Aufgabe nur so gut machen kann, wie es eben geht. Und dass er das nur kann, wenn er weiß, was von ihm genau erwartet wird. Dadurch, dass er das zuvor selbst erlebt hat, kann er dies sehr gut annehmen. Damit wir Situationen wie diese erschaffen können, brauchen wir einige Voraussetzungen. Wir wollen das Vertrauen gewinnen, damit die Kinder sich auf das Angebot einlassen. Wir brauchen Angebote, die sie herausfordern. Die sie aber bewältigen können. Dadurch sind sie motiviert und neugierig. Und ganz wichtig: Sie sollen Spaß haben! Wir brauchen das richtige Angebot, das Vertrauen, die Motivation und das richtige Setting.

Das sind erlebnispädagogische Angebote
Wir setzen auf Vielfalt, um alle Kinder und Jugendlichen zu erreichen. Wir beobachten die Dynamik im Kinderdorf, hören den Pädagogen und Kindern zu und stimmen die Angebote darauf ab. Wichtige Kriterien sind:
1. Worauf haben die Kids Lust?
2. Was ist der Mehrwert, wenn sie das bei uns tun?
3. Wen und was möchten wir fördern?
Mal beginnt unser Entscheidungsweg bei 1, mal bei 3, je nachdem, was unsere Absichten sind. Es gibt wöchentliche Trainings, offene Angebote, Einzel- und Gruppenangebote, Jungs und Mädchen zusammen oder getrennt. Und auch vom Alter her mischen wir.
Motivation in der Erlebnispädagogik
Mein Lieblingsthema, weil es so unvorhersehbar ist. Motivation kann durch ein Wort, ein Ereignis oder eine Herausforderung kippen. Wir müssen den Kindern häufig einen Weg zeigen, wieder einzusteigen, wenn die Motivation mal nachlässt. Das ist einer der wichtigsten Lernmomente. Je nachdem, wie man sich gehört fühlt, ernst genommen wird, mitentscheiden darf, sich wiedererkennt, sich als Teil von der Gruppe fühlt und ein Ziel hat, steigt die eigene Motivation. Ich nenne das: Einfluss, Identifikation, Wachstum und Zugehörigkeit.
Erlebnispädagogen erzählen aus der Praxis
Ein Mädchen möchte jonglieren lernen. Das ist ein langer Weg. Ich habe zwar einige Übungen und Spiele, damit Jonglieren lernen abwechslungsreich ist. Das reicht oft nicht. Deshalb lasse ich das Mädchen entscheiden, welche Übung sie machen möchte (Einfluss). Später machen wir zusammen einen Trick, wobei ich ihre linke Hand bin und sie die rechte Hand. Es klappt (Identifikation & Wachstum)! Die Woche danach bitte ich sie, ihre Fortschritte den anderen zu zeigen (Zugehörigkeit). Und als sie 10 Würfe hintereinander schafft, bekommt sie feierlich drei Jonglierbälle geschenkt.
Astrid Westerboer, Pädagogischer Fachdienst Bergisch Gladbach