Meine 15-jährige Nichte antwortete auf meine Frage, was denn Sozialraum sei, mit: „Na das ist da, wo ich mich mit meinen Freunden treffe, zur Schule gehe und zum Shopping.“ Für die bei uns lebenden Kinder ist all das nicht ganz so selbstverständlich: Sie sehen sich in der Welt außerhalb des Kinderdorfes oft mit der Frage konfrontiert, warum sie nicht bei ihren Eltern leben.
Warum ist der Sozialraum gerade für unsere Kinderdorfkinder so wichtig?
Aufgrund solcher Erfahrungen haben sie Angst vor Stigmatisierung. Es fällt ihnen schwer, soziale Kontakte zu knüpfen und aufrecht zu erhalten. Aber gelingende Lebensbewältigung ist außerhalb des
Kinderdorfes durch Integration in ein stabiles Umfeld möglich und dies wiederum kann auffälliges Verhalten reduzieren. Auch zum Übergang ins Erwachsenenleben gehören verlässliche und tragfähige Beziehungen – Netzwerke durch Vereine, Freunde und Arbeitskollegen.
Möglichkeiten der Integration in den Sozialraum
Ab der Einschulung sind unsere Pädagoginnen und Pädagogen darum bemüht, Kinder in Vereinen in der Region zu verorten. Auch, wenn die Kinder eine Vereinstätigkeit gefunden haben, die ihnen
gefällt, müssen wir oft intervenieren, damit die Teilnahme – etwa an Feuerwehr, Fußballtraining oder Tanzen – wirklich regelmäßig stattfindet.
Kontakt zu Kirchengemeinden ergibt sich beispielsweise durch die evangelische Taufe und Konfirmation in der Kirche im Ort. Katholische Gottesdienste finden im Kinderdorf selbst statt: Zu Taufe, Kommunion und Firmung, sind immer auch externe Gäste eingeladen – so wie auch wir Gäste in der lokalen katholischen Kirche sind.
Das Kinderdorf öffnen
Weitere soziale Kontakte entstehen in Kitas, Schulen und Ausbildungsbetrieben, in die unsere Kinder und Jugendlichen gehen. Regelmäßiger Austausch sowie gegenseitige Einladungen zu Geburtstagen fördern die Integration unserer Kinder. Auch freiwillige Praktika, z.B. während der Ferien, haben schon oft zur Zusage eines späteren Ausbildungsplatzes geführt. Einen großen Beitrag zur Integration in den Sozialraum leisten außerdem ehrenamtliche Mitarbeiter, die durch Einzelbetreuung von Kindern, Unterstützung von Kinderdorffamilien und -wohngruppen, viele Stunden an „Freizeit“ einbringen.
Sie sind häufig das Bindeglied zwischen Kinderdorf und Gemeinde bzw. Region. Abschließend darf auch nicht der Beitrag des Kinderdorfes vergessen werden, der durch öffentliche Feste, Ausstellungen und Basare eine regionale Brücke schlägt und Integration in den Sozialraum entscheidend fördert.
Regina Kalthoff,
Eltville