Familie ist unsere Kompetenz
So kommen Kinder ins Kinderdorf
Auch heute noch gibt es diverse Vorurteile und schräge Geschichten über Kinder und Jugendliche, die in der Kinder- und Jugendhilfe aufwachsen. Immer wieder werden wir bei Führungen gefragt, ob unsere Kinder schwererziehbar sein oder auch Waisenkinder und deswegen bei uns leben würden. Beides ist nicht der Fall. Ausführlich möchten wir erklären, welche Kinder bei uns leben und wie die Kinder zu uns ins Kinderdorf kommen.
Warum kommen Kinder ins Kinderdorf?
Kinder, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in ihren Herkunftsfamilien aufwachsen können, haben die Chance, in unseren Kinderdörfern ein neues Zuhause zu finden. Die Anfrage, ob ein Kind im Kinderdorf leben kann, kommt von den Jugendämtern, die überlegen, welche Hilfe für die Entwicklung eines Kindes oder Jugendlichen geeignet und notwendig ist.
Warum kommt ein Kind ins Kinderdorf?
Jugendämter, die einen geeigneten Platz für ein Kind suchen, wenden sich insbesondere dann an uns, wenn sie ein familiäres Setting suchen. Fachleute schätzen das exklusive Bindungsangebot der Kinderdorfmütter und Kinderdorffamilien besonders für jüngere Kinder. Aber auch die Möglichkeit, Geschwister gemeinsam unterbringen zu können, ist wertvoll. Das religiöse Leben und der Dorfcharakter des Kinderdorfes schaffen ein heilsames Umfeld für die Kinder, welches durch die therapeutischen und erlebnispädagogischen Angebote der entsprechenden Fachdienste unterstützt wird. Das ermöglicht uns, ganzheitlich an den Bedarfen der Kinder anzusetzen und unterscheidet uns von anderen Einrichtungen der Jugendhilfe.
Darüber hinaus sind spezielle Förderungen im Lernbereich und intensive Elternarbeit Teil des Konzepts. Gezielte zusätzliche Angebote wie eine (heilpädagogische) Wohngruppe sind eine attraktive Erweiterung der Angebotspalette der Kinderdörfer. Der ambulante Dienst ermöglicht es den Kinderdörfern, die Jugendlichen bis in die Verselbstständigung hinein zu begleiten.
Welche Kinder kommen ins Kinderdorf?
Der Tod oder die Erkrankung von (alleinerziehenden) Eltern, familiäre Problemlagen wie die Sucht und/oder die psychische Erkrankung von Eltern, Gewalt in der Familie, sexueller Missbrauch oder gescheiterte Pflegeverhältnisse führen zu akuten Anfragen des Jugendamtes. Das Jugendamt sucht einen Platz für Kinder, die häufig noch am gleichen Tag zu uns gebracht werden (Inobhutnahme). Das Kind erfährt Schutz und Sicherheit, therapeutische und pädagogische Bedarfe können diagnostiziert (Clearing) und die Frage nach einem geeigneten Platz in Ruhe geklärt werden. In den meisten Fällen geschieht das innerhalb von drei Monaten.
Der Aufnahmeprozess von Kindern und Jugendlichen ins Kinderdorf
Der Fallmanager im Jugendamt stellt eine Voranfrage an die Erziehungsleiter/innen.
Häufig wird gezielt ein Platz zum Beispiel in einer Kinderdorffamilie angefragt. Im nächsten Schritt wird auf Leitungsebene beraten, welcher Platz geeignet wäre. Je nach Geschlecht, Alter, Gruppenkonstellation sowie dem Bedarf des angefragten Kindes wird ein Vorschlag gemacht. Ein Vorstellungsgespräch dient dann dem Austausch von gegenseitigen Erwartungen und bietet allen Beteiligten die Gelegenheit, das Haus und die dort lebenden Kinder und Jugendlichen kennen zu lernen. Ein erster Besuchstermin wird vereinbart. Das Einverständnis der Eltern für ein Leben ihres Kindes im Kinderdorf ist dabei sehr wichtig und wünschenswert.
Regina Kalthoff und Astrid Spengler, Erziehungsleiterinnen in Eltville